Die Raubzüge der Goldgräber und Glücksritter

In ein einer Woche am 10. Juni 2018 werden wir wissen, ob die Bevölkerung das Geldspielgesetz mit dem geschickt verpackten trojanischen Pferd der Internetzensur annimmt oder nicht. Der Abstimmungskampf und der Kampf gegen BÜPF, NDG, den Diskussionen um die Netzneutralität, dem kreieren von wirkungslosen Datenschutzgesetzen und der ewigen Diskussionen zu den Netzsperren lassen mich zu folgender Schlussfolgerung kommen:

Dienstleister der Informatik-Industrie benötigen dringend eine schlagkräftige Lobby.

Rede ich von Dienstleistern der Informatik-Industrie, meine ich echte Informatikfirmen, die Informatik verkaufen. Nicht unbedingt die Informatikabteilungen von Banken, Versicherungen oder bundesnahen Betrieben. Es sind Firmen gemeint, die Internet anbieten, Speicherplatz oder Cloud-Computing verkaufen, sich auf Informatik-Sicherheit spezialisiert haben oder die «swiss made Software» verkaufen wollen. Ihnen ist eines gemeinsam: Diese neuen heil versprechenden Gesetze zerstören die Glaubwürdigkeit ihrer Produkte.

Alles halb so schlimm?

Die oben erwähnten Gesetze haben eines gemeinsam: Sie stören die Informatik-Sicherheit empfindlich: Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität der Informatik ist selbst auf Seiten des Staates nicht mehr gewährleistet. Der Staat verhält sich zunehmend wie ein Hacker und bedient sich zunehmend der Hilfsmittel aus diesen Szenen. Wie soll der Bürger noch zwischen gut und böse unterscheiden?

Eigentlich müsste man sämtlichen Dienstleistern folgendes empfehlen:

Flüchten Sie aus der Schweiz.

Allerdings: Weltweit versuchen Staaten, die IT-Sicherheit zu zerstören. Aus diesem Grund möchte ich eher folgendes empfehlen:

Beitreibt aktive Aufklärungs- und Lobbyarbeit; oder finanziert diese.

Motivation der Marktabschottung

Wir stecken mitten im Zeitalter der vierten industriellen Revolution. Viele Geschäftsmodelle werden künftig so nicht mehr funktionieren. Man müsste sich folglich etwas einfallen lassen.

Beispiel: Taxi

Traditionelle Taxiunternehmen müssten kundenfreundlicher und zuverlässiger werden. Stattdessen wird z.B. im Kanton Bern der Dienstleister «Uber» indirekt per Gesetz verboten (z.B. ist eine Taxilizenz zwingend notwendig). «Uber» wiederum hat eine komplette Kundenausrichtung: Nicht nur, dass die zugesicherten Wartezeiten beim Bestellen korrekt sind; der Kunde hört auch die Musik im Taxi, die ihm gefällt. Dies macht «Uber» beliebter als traditionelle Anbieter.

Beispiel: Geldspiel

Aktuell versuchen die Casinos und Lotterien durch Zensur ausländische Anbieter vom Schweizer Markt fern zu halten und erhoffen sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil.
Alternativ könnte die Schweiz auch Geld mit ausländischen Anbieter verdienen. Diese Möglichkeit will man kategorisch ausschliessen. Die Casinos und Lotterien stört es nicht, wenn der Staat durch die verspielte Chance Geld verliert.

Übrigens: Die Leistungen der Schweizer Anbieter werden weltweit angeboten ohne auf das Empfinden von anderen Länder Rücksicht zu nehmen.

Denkbare Szenarien bei Marktabschottung

Wer sich mit der aktuellen Entwicklung der vierten industriellen Revolution auseinandersetzt, könnte folgende möglichen Szenarien für die Schweiz bei solchem Verhalten ableiten:

  1. Die Schweiz als Mikrostaat wird für den IT-Markt zu kompliziert und dadurch unattraktiv.
  2. Die Schweiz wird durch die Marktabschottung bequem und verliert weiter den Anschluss.
  3. Die Schweiz muss zuverlässige Informatik-Leistungen künftig über das Ausland beziehen und wird von diesem abhängig.

Natürlich darf man sich noch weitere Szenarien ausdenken.

Warum dieser Protektionismus? Man will sich nicht dem Markt stellen und denkt, dass eine Abschottung schützt. Man hat es geschafft, Ängste zu schüren, die den Weg für eine Abschottung ebnen. Man verfügt über finanzielle Mittel und Anreize, um Mehrheiten mit übelster Lügen-Propaganda zu schüren.

Arbeitsweise der Goldgräber & Glücksritter

Der Abstimmungskampf um das Geldspielgesetz hat gezeigt, dass den Casinos und Lotterien jedes Mittel recht ist, um ihre Ziele zu erreichen. Man könnte daher zu folgender Schlussfolgerung kommen: Politiker aus Nationalrat und Ständerat werden gekauft.

Da wird folgendes angeboten:

Weiter werden Lügen verbreitet:

  • Sportverbände und deren Mitgliedern werden angeschrieben. So wird behauptet, sie würden bei einem «Nein» kein Geld mehr erhalten
  • Mit breit angelegten Kampagnen behauptet man, Tiergehege müssten schliessen, Geldwäscherei müsse bekämpft werden (wird übrigens seit 20 Jahren bekämpft), die AHV müsse gesichert werden, Kultur müsse gestärkt werden, Sportlager würden wegfallen usw. usw.
  • Mit einem grossen Budget werden die falschen Botschaften über Zeitungen, Plakate und Internet verbreitet.
  • Da man viele Anzeigen einkaufen kann, schafft man es, die Medienschaffenden auf ihre Seite zu gewinnen: Viele Zeitungen äussern sich nicht mehr kritisch zum Geldspielgesetz (Tagesanzeiger, NZZ, Watson u.ä. sind löbliche Ausnahmen).

Nebenbei bietet man einer Partei die Möglichkeit, gratis mittels Wettbewerben Daten zu sammeln.

Eine Branche soll sich aufrüsten

Wenn ich eines gelernt habe in diesem Abstimmungskampf: Informatiker sind zu nett, zu höflich und zu lieb. Man versucht zu erklären, warum Zensurklauseln nicht sinnvoll sind. Man hofft auf Vernunft. Die Befürworter behaupten ihrerseits, Netzsperren seien keine Zensur. Zudem ist man es nicht gewohnt, sich in einem solch unfairen Umfeld zu bewegen. Informatik besteht halt aus NULL, 0 und 1; diese Welt lässt sich erklären und ist keine «Ansichtssache», wie dies bei Gesetzen häufig der Falls sein kann.

Es gibt diverse Gruppierungen, die dem Parlament anschaulich präsentiert haben, dass Netzsperren sinnlos sind. Die Befürworter vergleichen Netzsperren mit übertreten von Verkehrssignalen. Nur: Auch so funktioniert Informatik nicht.

Bildung ist «Key»

Um langfristig mit einer breiten Bevölkerung über solche Themen auf Augenhöhe diskutieren zu können, benötigt es Bildung. Wie eine Studie vom Bundesamt für Statistik gezeigt hat, fällt die Schweiz bei den digitalen Kompetenzen ins Abseits. Selbst die Jungen fallen bezüglich der digitalen Kompetenz zurück und werden von Österreich überholt.

Hier hilft massentaugliche Bildung in kleinen, verdaubaren Häppchen. Über einen langen Zeitraum müssen Aspekte der digitalen Kompetenz in kleinen Häppchen vermitteln werden. Ist ein Grundverständnis für Informatik vorhanden, können künftige gefährliche Abstimmungen einfacher und schneller abgeschmettert werden.

Professionalisierung

Auf dem Weg zur vierten industriellen Revolution soll nichts dem Zufall überlassen werden. Es geht um das Wohl der Schweiz. Befindet man sich in einem Umfeld der unfairen Mittel, lohnt sich eine Professionalisierung zur Verbreitung der eigenen Anliegen:

  • Gesetze müssen zeitgemäss angepasst oder ausgearbeitet werden.
  • Es muss möglichst früh auf die Ausarbeitung der Gesetze Einfluss genommen werden.
  • Gesetze müssen bis zur definitiven Verabschiedung betreut werden; es darf nichts dem Zufall überlassen werden.
  • Wo technikfeindliche Institutionen mit unfairen mitteln kämpfen, muss es möglich sein, schnell und adäquat Paroli zu bieten.
  • Lassen sich Politiker durch «VIP-Einladungen» kaufen, muss eine Kriegskasse Gegenofferten anbieten können. Meinungsbildung durch Konzertbesuch sind zwar nur billig; aber es handelt sich um ein akzeptierte Praxis.

Kriegskasse

Natürlich könnte man in der Informatik auch von Reparaturen – verursacht durch staatliche Überwachungs- und Zensurinfrastruktur – leben. Ehrlich gesagt: Solche Arbeiten sind langweilig und nicht wirklich anspruchsvoll. Will man wirklich interessante und coole Lösungen für die Zukunft anbieten, welche auch international Beachtung und Vertrauen finden, muss man sich vor den Schäden der Goldgräber und Glücksritter zur Wehr setzen. Die IT-Branche muss auf Augenhöhe die Zukunft der Schweiz mitgestalten. Man kann sich nicht länger aus dem politischen Geschehen raus halten. Es braucht eine schlagkräftige Truppe und ein grosszügiges Budget, um die Zukunft und Entwicklung der Schweiz aktiv mitgestalten zu können.

Man müsste was machen

Sie finden die drei vorgeschlagenen Massnahmen als Diskussionsbasis interessant und möchten gemeinsam mit mir diese Idee weiterentwickeln? Treten Sie mit mir in Kontakt.

Empfehlen
  • Facebook
  • Twitter
  • LinkedIN
Share
Antwort hinterlassen