Über Corona und mangelhaftes Leadership
Wir schreiben das Jahr 2020. Das ist das Jahr, in dem nichts mehr so ist, wie es war. Ein Jahr, in dem vom «neuen Normal» gesprochen wird. Neusprech. Nudging. Libertärer Paternalismus.
Weltweit wütet das Corona-Virus. Während Asien das Virus im Griff hat, hat das Virus Europa im Griff.
Die Politik möchte einen Lockdown verhindern. Es ist aber nicht so, dass man aktiv etwas unternommen hätte, damit ein Lockdown verhindert werden könnte. Das zynische Wort «Selbstverantwortung» nützt uns nichts; ein Grossteil der Bevölkerung kann die Situation nicht einschätzen und daher nicht selbstverantwortlich handeln. Es wird zugewartet. Die Kantone warten, damit sie den wirtschaftlichen Schaden nicht übernehmen müssen. Der Bund wartet, damit er nicht den Schaden übernehmen muss. Unterdessen werden erste Intensivpatienten in den Spitälern abgewiesen. Die Triage – wer darf leben; wer muss sterben – hat begonnen.
Beinahe vergessen geht das Drama um die Firmen – unsere Arbeitgeber: Hinter diesen stecken Menschen, welche ihre Existenz bedroht sehen und welche unter schlaflosen Nächten leiden.
Kurzer Rückblick
Hände waschen, Masken tragen, Distanz halten. Eigentlich drei einfache Regeln im Kampf gegen diese Art von Virus. Stattdessen wehrt man sich gegen das Maskentragen. Selbst der Leiter der Abteilung für «Übertragbare Krankheiten» Daniel Koch behauptet, «Schutzmasken sind, wenn sie in der allgemeinen Bevölkerung getragen werden, sehr wenig wirksam.». Dass er in seiner Position die ehemaligen Maskenlager abgebaut hat und keine Masken verfügbar sind, muss sich der Bürger selber denken. Daniel Koch wird auch nach seiner Pensionierung behaupten, Masken seien untauglich.
So kam im März was kommen musste: Der Lockdown. Das ist der Zustand, in dem bis auf die Lebensmittelversorgung fast alles stillsteht. Das ist der Zustand, in dem die Einen sich vor Arbeit kaum wehren können. Die Anderen langweilen sich, weil sie nichts zu tun haben. Nichts ist planbar. Besonders zynische Menschen reden von «Corona-Gewinnern» und «Corona-Verlierern».
Wie Kinder vor dem Süssregal quängeln viele Menschen. «Kaufen wir halt die Süssigkeiten», werden sich einige Politiker gedacht haben. Das nützt natürlich nichts: Beachtet man die fünf Phasen der Veränderung, sind auch 9 Monate nach Ausbruch der Krise längst nicht alle Menschen in der Realität angekommen.
Regeln
Freiheit, Rechtsstaat, Eigentum: Auf diese Grundsätze ist unser Staat aufgebaut. Dass es Freiheitseinschränkungen während einer Pandemie gibt, finde ich persönlich nur vernünftig und auch nicht weiter tragisch – da sinnvoll. War ein Lockdown in der Schweiz erforderlich? Und müsste die Schweiz im Herbst 2020 wieder einen Lockdown anordnen?
Die Frage nach Recht oder Unrecht bezieht sich auf die Art, wie er zu seinem Glauben gelangt ist, nicht darauf, was sein Glaube ist, – nicht, ob sein Glaube sich als wahr oder falsch herausstellt, sondern ob er ein Recht hatte, auf solche Gründe hin, wie sie ihm vorlagen, zu glauben.
Aus: Die Ethik des Glaubens von William Kingdon Clifford.
Übersetzt auf die Situation der Pandemie bedeutet dies: Schuld ist der, der sich die Situation schön redet und nicht nach seiner innersten Überzeugung handelt; – Unabhängig davon, ob ein Lockdown eine nötige oder unnötige Handlung ist. Kommt man zum Schluss, dass die Bevölkerung geschützt werden muss, muss man sie schützen. Der schwedische Weg war und ist unethisch und ein Experiment eines einzelnen Menschen. Wir dürfen und müssen das in unserem Wertsystem als stossend empfinden.
Viele asiatische Länder haben bewiesen: Man kann vergleichsweise schnell zurück zur Normalität, hält man sich an Regeln. Grundsätzlich wäre es somit möglich, einen Lockdown zu verhindern oder ihn zumindest nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
Zieht man eine Situation nicht unnötig in die Länge, erlangt man seine Freiheit wieder schneller zurück. Weil wir uns gegen Regeln wehren, hat uns das Virus noch immer voll im Griff.
Erwachen aus der Schockstarre
Für viele Klein- und Mittelbetriebe war der Lockdown ein Schock. Die Verpflichtungen hat man trotzdem, darf aber praktisch kein Gewerbe mehr betreiben. Es war beruhigend, dass die Politik schnell viele unkomplizierte und demokratisch legitimierte Lösungen gefunden haben. Dies hat einen gröberen volkswirtschaftlichen Schaden verhindert.
Nach dem Lockdown hat irgendwann das Parlament seine Dienste in den Gebäude der Bernexpo aufgenommen. Einige Parlamentarier glänzten mit dem Feiern einer «illegalen Party». Man ist sich der Vorbildfunktion als Parlamentarier offenbar nicht bewusst.
Sie können es sich vorstellen: Wenn 246 Ideen für die Rettung der Welt entstehen, könnte es möglich sein, dass nicht alle 246 Ideen sinnvoll sind. So entstanden viele Vorschläge, um Geld umzuverteilen. Ausschütten mit vollen Händen über das gesamte politische Spektrum. Dass dies geschieht, war eigentlich absehbar. Auch die Parlamentarier hatten mehrere Wochen Zeit um Ideen zu sammeln, wo man überall Geld reinbuttern könnte.
Angriff auf Eigentum
Nach dem Lockdown hätte ich vermutet, dass «Rechtsstaat» und «Eigentum» nicht zur Diskussion stehen; hatten wir einen grossen Eingriff in unsere Freiheit hinter uns. Doch das Parlament hat in seinem Umverteilungsrausch ein komplett unbrauchbares und rechtswidriges Geschäftsmietegesetz kreiert.
Dass ein «Geschäftsmietegesetz» im Parlament mehrheitsfähig wird, hätte ich nicht für möglich gehalten. Offenbar befindet sich das Parlament im Rausch des Helfersyndroms. Da spielt es keine Rolle, dass nachträgliches Ändern von Spielregeln verfassungswidrig ist. Zumal man sich vor der Krise hätte Gedanken machen können, wie man auf Krisen zu reagieren gedenkt.
Die Rechtskommission des Parlaments hat daher richtigerweise den verfassungswidrigen Staatseingriff in Geschäftsmietverträge bemängelt.
Armutszeugnis
Die Krise beweist: Gedanken zu einer Krise müssen vor der Krise mit einem kühlen Kopf gefällt werden. Es ist daher ein Armutszeugnis, wenn ein Parlament helfen will, aber aus Gründen der Inkompetenz verfassungswidrige Lösungen vorschlägt. Es ist unannehmbar, wenn man an untauglichen Vorschlägen festhalten will. Wertvolle Zeit vergeht und geholfen wird niemandem. Und es ist stossend, wenn diverse Akteure die Contenance verlieren und alle beschimpft, die den Rechtsstaat und das Eigentum verteidigen.
Persönlich halte ich nichts von pauschalen Ausschüttungen für alle. Nicht jedes KMU benötigt «Hilfe durch Enteignung». Gleichzeitig ist es positiv, haben viele Vermieter ohne Staat mit ihren Vermietern eine Lösung gefunden.
Betrachtet man die Tatsache, dass viele Pensionskassen und Versicherungen ihr Kapital in Liegenschaften angelegt haben, schiessen die «Befürworter von Enteignung» sich ins eigene Bein: Erwirtschaften die Pensionskassen nicht genug Geld, sind sie ein Sanierungsfall. Raten Sie mal, wer für die Ausfälle aufkommen soll?
Die arbeitende angestellte Bevölkerung darf diese sanieren. Bereits dieser Gedanke sollte Grund genug sein, brauchbare Lösungen zu finden, die nicht in einem Eigentor enden. Dass solche Lösungen von linken Kreisen befürwortet wird, spricht für sich.
Lockdown, or not
Während
- wir noch die Wunden des letzten Lockdowns lecken,
- die umliegenden Länder bereits in den zweiten Lockdown gehen (obwohl deren Infektionszahlen wesentlich besser aussehen als unsere),
- ein Kanton bereits an die Kapazitätsgrenze für Intensivbetten stösst,
- ein anderer Kanton Patienten abweisen muss,
wird in der zögerlichen Schweiz eines klar: Der zweite Lockdown klopft an; das kann man nicht schönreden, nicht ignorieren.
Ich kann daher verstehen, sind viele Geschäftsinhaber wütend auf die Politik. Vor allem dann, wenn sie sich bezüglich der Hygiene besonders Mühe geben und ihr Einsatz keine Anerkennung findet. Sie sind zurecht wütend, wenn andere Geschäfte kaum Schutzvorkehrungen getroffen haben und nun alle darunter leiden müssen. Existenzen werden unnötigerweise bedroht.
Bei einem zweiten Lockdown wären wir nicht wesentlich besser vorbereitet: Das Problem mit den Geschäftsmieten ist für die KMU nicht gelöst und Existenzen sind weiter bedroht.
Ich bin sauer und enttäuscht über die mangelnde Führung. Krisen bewältigt man nicht mit Partizipation aller Meinungen; soviel Zeit hat man nicht.
«Es sterben ja nicht so viele» ist kein Grund, um überfüllte Intensivstationen zu akzeptieren oder Existenzen zu gefährden. Corona kriegen wir nur als Gesellschaft in den Griff und nicht als ein grosser Haufen von Egoisten.